Kommentar zu einer Übertragung

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Dieser Artikel wurde am 20. Oktober 2008 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Haiders rühmliches Ende hat zumindest zwei lesenswerte Kommentare hinterlassen. Einen von Robert Menasse (“Haider, der unerkannte Austrofaschist“), sowie jenen von Christoph Chorherr (“Was ist das für ein Land?“). Mekka hat am Tag nach dem Happening ein Fazit verfasst und gefragt, wie man auf diesen Tod reagieren möchte? Die Presse, in dem beide oben verlinkten Kommentare erschienen sind, hat interessanterweise erst wieder, im Rahmen der Berichterstattung zu Tod und Bestattung Haiders, beim Artikel Christoph Chorherrs die Kommentarfunktion freigeschaltet, die bei den Artikeln zuvor noch mit dem Satz

Aufgrund vieler pietätloser Postings ist die Kommentierfunktion für Beiträge zum Tod Haiders bis auf weiteres deaktiviert.

verabschiedet wurde. Es kann sein, dass dies auch schon zuvor geschehen ist, hier ist es mir aufgefallen.

Christoph Chorherr hat in meinen Augen einerseits Recht – ja, man muss Trauerfeiern nicht zwangsläufig in voller Länge übertragen und alle, die das nicht sehen möchten, damit quälen – andererseits haben gerade solche Trauerfeiern in Österreich eine Tradition, die über jene anderer Länder hinaus geht. Dass die pompes funébre auch im Wienerischen ihren Widerhall gefunden haben, sei nur ein Indiz dafür, wie auch, dass die “schene Leich” der letzte Wunsch vieler nicht nur in Wien ansässiger Österreicher ist. Die Existenz des Wiener Vereins, der damit wirbt, dass man als frisch Verstorbener niemandem zur Last fallen muss, wenn man entsprechend vorsorgt, verstärkt diesen Eindruck nur.

Mit der Übertragung des Begräbnisses und den dort gehaltenen Grabreden wird natürlich ein Bild des Verstorbenen gezeichnet, das nicht länger der Realität entspricht, dem auch unmöglich entsprechen kann, ist doch die augenblickliche Realität nur noch die Erinnerung an den Toten. Während des Begräbnisses versagt es die Pietät, Kritik zu üben, wie auch die Wahl der Redner es vorsieht, dass an diesem Ort zu dieser Zeit Eintracht und Friede herrscht, so dass Tränen in Strömen fließen können. Ganz so, wie es gedacht ist. Die Erbstreitigkeiten beginnen erst nach der Show.

Diese Trauershow zu senden, dazu hatte der ORF in meinen Augen durchaus das Recht. Eine große Anzahl wollte genau jenes sehen, auch wenn die Mehrheit dazu schweigt. Die Mehrheit schaut wahrscheinlich ein anderes Programm, schaut garnicht fern, ist gerade einkaufen, spielt mit den Kindern, surft im Internet oder geht einer anderen Tätigkeit nach. Fernsehen ist immer ein Programm für eine Minderheit. Was die schweigende Mehrheit möchte, würde jeder Meinungsforscher gerne wissen. Aber die Mehrheit schweigt sich lieber aus. Sie schaut sehr viel zu und weg. Die Minderheit, die ihre Meinung dazu äußern möchte, ist gefordert. Nicht die schweigende Mehrheit. Die hat für gewöhnlich anderes zu tun.

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